Ketu, wie der absteigende Mondknoten in der vedischen Astrologie genannt wird.
Ketu, die Fähigkeit zur feinen Unterscheidung, die Mustererkennung.
Ein schwacher Ketu nimmt nur grob wahr, hält z.B. das aufgerollte Seil im Halbdunkel für eine Schlange. In der
Konsequenz der zu groben Wahrnehmung verursacht er Ängste, Unklarheit, Verwirrung usw.
Im Gegenzug, im geklärten und gelösten Zustand, führt er bis in seherische Fähigkeiten.
Die grundlegenste Definition Ketus ist für mich die Fähigkeit, die Quellen unterscheiden zu können, die zusammen ein
bestimmtes Ergebnis bewirken. Ein simples und etwas vereinfachendes Beispiel das Heraushören einer einzelnen
Stimme aus einem großen Chor.
Die Fähigkeit zur Unterscheidung kann man nun auch bei anderen astrologischen Prinzipien finden, z.B. den
Merkurzeichen Zwillinge und Jungfrau. Das Spezielle bei Ketu ist, daß er im geklärten Zustand in der Lage ist, diejenigen
Quellen eines Ergebnisses oder Prozesses zu unterscheiden, bei denen dies normalerweise eigentlich nicht möglich ist,
weil die Quellen zu komplex zusammenwirken.
Genauer, in einer Komplexität, die ein Resultat auf einer neuen Ebene bringt, die mit den Ebenen der Quelleinflüsse nichts
mehr zu tun hat.
Dazu ein vielleicht etwas konstruiertes Beispiel, bis mir ein besseres einfällt:
Ein hypothetisches Gewürz A hat alleine für sich einen bestimmten Geschmack, ebenfalls Gewürz B und C. Bringt man A
und B zusammen, ergibt sich ein völlig neuer und unerwarteter Geschmack, der nichts mehr mit den einzeln verwendeten
Gewürzen zu tun hat und aus diesen nicht zu schließen war. Dies noch verstärkt, wenn auch noch Gewürz C dazukommt.
Im Nachhinein sind die einzelnen Gewürze "eigentlich" nicht mehr herausfilterbar.
Ein guter Ketu kann aber genau daß, nämlich die zusammenwirkenden Quellen eines bestimmten Ergebnisses oder
Prozesses zu unterscheiden, klar zu sehen, was woher kommt, obwohl dies eigentlich nur schwer oder garnicht möglich
sein sollte.
Für Ketu erscheint damit das jeweilige Wahrgenomme als zusammengesetzt, als Mischung verschiedener Quellen.
Die Aufmerksamkeit wandert damit zwangsläufig zu den Ursachen, Begründungen, den Quellen des
Wahrnehmungsobjekts. Womit sich sich die "Anhaftung" und Identifikation mit dem Wahrnehmungsobjekt zwangsläufig
vermindert.
Laut der vedischen Astrologie ergibt ein starker Ketu einer Haltung der "Nichtanhaftung" den Dingen und dem Leben
gegenüber. Der Drang zur subtilen Wahrnehung der Einflüsse führt dann in letzter Konsequenz zur Suche und
Ausrichtung auf die letzte Quelle des Lebens, auf den letzten und tiefsten Grund des Seins, der sich nicht mehr durch
anderes definiert. "Ich bin der, der ich bin" , beschreibt sich Gott im alten Testament.
In der vedischen Astrologie steht Ketu für den Wahrheitssucher, der aus den Wirrungen und Irrungen der Illussion der
Maya herausführt. (Weiterhin werden Ketu auch heilerische Fähigkeiten und Kenntnisse zugeschrieben.)
(Daß die Unterscheidungsfähigkeit Ketus mit Intuition verwandt ist und die Hand reicht ist klar. Aber Ketu ist nicht gleich
Intuition. Intuition für mich basierend auf der unendlichen Rückbezüglichkeit der Schöpfung, was ja gleichzeitig bedeutet,
daß jeder alles weiss, nur nicht unbedingt auf der bewußten Ebene. Und wird der Mantel des Nichtwissens, des
Vergessen-Habens mal gelüftet, ahnt oder weiss man eben Dinge, die man nicht wissen dürfte.
Dies hat natürlich mit Ketu zu tun, genauer aber würde ich sagen, Ketu nimmt einfach sehr präzise wahr, womit
Möglichkeiten sichtbar werden, die anderen verschlossen bleiben. Also ein Einäugiger unter Blinden hat nicht
notwendigerweise mehr Intuition als die Blinden, er sieht einfach mehr. Ketu ist nicht die "allumfassende
Zusammenschau" Neptuns, sondern mehr ein Herausfiltern von Einzelfaktoren.)
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Der Gegenspieler Ketus, im Zodiak exakt gegenüberliegend, ist der aufsteigende Mondknoten, in der vedischen Astrologie
Rahu genannt.
Ketu unterscheidet subtil die Verursacher und Einflüsse eines Prozesses, geht also vom existierenden Prozeß zurück zu
seinen Quellen.
Rahu geht den umgekehrten Weg, er fügt die Quellen zu einem bestimmten Ergebnis zusammen. Und zwar entsprechend
Ketu wiederum so, daß die Quellen komplex verbunden werden, so daß sie im Ergebnis nicht mehr direkt sichtbar sind.
(Dies ist u.a. der Unterschied zum Kombinieren des Schütze - Jupiters, hier wird auch vorher Getrenntes zu neuer Einheit
vereint, "Sessel plus Stuhl plus Bananenkiste ergibt Sitzecke", die integrierten Teile bleiben aber einzeln erkennbar.)
Insofern hat Rahu eine stark ordnende Funktion. Ein guter Rahu verleiht die Fähigkeit, verschiedenste Einflüsse so zu
verbinden, daß gewünschte Ergebnisse entstehen, gibt auch Schwung und Motivation.
Ist Rahu ungelöst, dann funktioniert das Verbinden der Quellen nicht oder nur schlecht, womit er im ungeklärten Zustand
zu Lethargie, Chaos, Verrwirrung, Gier (= das Anhaften am gewünschten Ziel), auch zu Grobheit und Gewalt führen kann.
Rahu richtet die Aufmerksamkeit auf das Ergebnis, identifiziert sich folglich mit ihm, was im ungelösten Zustand starke
Verhaftung bewirken kann, z.B. Gier und Unersättlichkeit. Der Aspekt der Verhaftung kann etwas an Pluto erinnern.
(Über Rahu heißt es auch in der vedischen Astrologie, daß er zupackt und dann wieder losläßt. Astrologiekundige kennen
vielleicht die Erfahrung, daß man auf seinem jeweiligen "Rahugebiet" sich manchmal auf Etwas versteift, irgendwann aber
merkt, daß es doch nicht ganz so wichtig ist, und dann wieder losläßt.
Dieses "Zupacken und Loslassen" Rahus kann man vielleicht auf den Drang zum "Zusammenschweissen" der Einflüsse
zurückführen, ist das Ergebnis erreicht, braucht es neues Futter, also läßt man wieder los.)
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Viele westliche Astrologen (tropischer Tierkreis) benutzen die Mondknotenachse als Indikator für die stimmige
Bewußtseinsentwicklung eines Menschen, (s. z.B. Martin Schulman, "Die Mondknoten", Karmische Astrologie in Urania
blaue Reihe, ein sehr gutes Buch).
Der aufsteigende Mondknoten (Rahu) steht dabei für einen neuen Erfahrungsbereich, der erschlossen sein will.
Der absteigende Mondknoten (Ketu) für einen Bereich, in dem schon Erfahrungen vorliegen (in meiner Lesart, in dem
Mustererkennung schon geübt und möglich ist), Erfahrungen, die gleichzeitig unterschwellig das Verhalten eines
Menschen konditionieren, möglicherweise in einengender Weise.
Ich sehe das prinzipiell genauso. Allerdings gewichten manche Astrologen dies sehr stark, sogar dahingehend, den
aufsteigenden Mondknoten als die eigentliche "Lebensaufgabe" eines Menschen zu sehen. Mir erscheint die
Mondknotenachse eher als ein wichtiges Detail im Gesamtbild, welches aufzeigt, welche Art von "Strategie" oder
Herangehensweise sich sinnvollerweise im Laufe der Zeit vom "alten" absteigenden zum "neuen" aufsteigenden
Mondknoten ergeben kann oder auch sollte. Dies ist aber nicht der eigentliche zentrale Inhalt eines Lebens, sondern mehr
die Art und und Weise, wie Inhalte umgesetzt werden. Und zur Benennung des Inhalts, der im Aszendenten liegt, kann
man völlig auf die Mondknoten verzichten.
Die Mondknoten, Ketu und Rahu
Fachartikel